„Brauchle ist Tradition am HG!“

14. Apr 2025

„Brauchle ist Tradition am HG!“
„Brauchle ist Tradition am HG!“

Ein Interview zum 25-jährigen Dienstjubiläum mit Lehrer und Künstler Ulrich Brauchle

Ulrich Brauchle ist ein Ellwanger Künstler-Urgestein. Seine Bilder sind regelmäßig deutschlandweit in Ausstellungen und Sammlungen zu finden, sein Atelier befindet sich im Schloss ob Ellwangen und er ist Kunst-Kurator bei der Landesgartenschau 2026 in Ellwangen. Darüber hinaus ist Brauchle Lehrer für die Fächer Kunst und Geschichte – und zwar seit genau 25 Jahren; für seine treuen Dienste bekam er jetzt vom Land Baden-Württemberg eine Jubiläums-Urkunde verliehen. Grund genug für Sophia Steinacker und Ben Knodel, unser Schülersprecherteam, ihren Kunstlehrer mal genauer unter die Lupe zu nehmen und mit ihm ein Interview zu führen. Brauchle plauderte dabei ganz frei und ungezwungen über 25 Jahre Lehrerleben, Veränderungen in der Schulkultur und darüber, wie sein künstlerisches Schaffen und seine pädagogische Tätigkeit sinnvoll zusammenwirken.

Wie fühlt es sich für Sie an, seit 25 Jahren Lehrer zu sein?

Die Zeit verging wie im Flug. Mein Anspruch ist, keine Unterrichtsstunde und kein Thema zwei Mal genau gleich zu unterrichten, so kann ich mich auf die Schülerinnen und Schüler sowie auf die jeweilige Situation ganz einlassen. Gerade durch diese offene und flexible Gestaltung ist meine Lehrtätigkeit immer kurzweilig gewesen und interessant geblieben – das ist auch nach 25 Jahren noch so. Die Arbeit mit jungen Menschen macht mir nach wie vor Spaß und Freude, z.B. zu sehen, wie das Gestalten mit Linoleum oder Ton bei den Schülerinnen und Schülern ankommt, wie Personen, die mit diesen Materialien vorher noch nie gearbeitet haben, ihre Persönlichkeit und ihre Ideen in ihren künstlerischen Schaffensprozess einfließen lassen und sich dann über die Ergebnisse freuen – diese Begeisterung wahrzunehmen, das wird nie langweilig, und ich freue mich, wenn ich diesen Beruf noch lange ausüben darf.

Was war die größte Veränderung, die Sie in Ihren 25 Jahren Schule erlebt haben?

Die Schüler haben sich kaum verändert. Die größte Veränderung war wohl der Einzug von mehr und mehr Technik in das Schulleben, den ich live miterlebt habe. Ich erinnere mich noch gut an die frühen 2000er, als wir dicke Fernseher und Videorekorder auf Wägen in die Klassenzimmer gerollt haben, wenn man mal eine Filmszene anschauen wollte. Dann kamen DVD-Player und dünnere Bildschirme. Heute sind unsere Klassenzimmer top ausgestattet: Whiteboards, Beamer, Laptops, Dokumentenkameras usw. sind Standard. Insgesamt hat der gesellschaftliche Einfluss der Technik aber Vor- und Nachteile mit sich gebracht: Ich nehme schon wahr, dass zuhause weniger gelesen wird, was sich negativ auf die sprachliche Ausdrucksfähigkeit auswirkt; und gerade durch den Einfluss von Smartphones ist die Konzentrationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler insgesamt zurückgegangen. Auch ist der Umgang mit Handys an der Schule ein Dauerthema. Betonen möchte ich aber, dass ich die digitalen Medien sehr gerne im Unterricht nutze; auch außerhalb der Schule verwende ich für meine künstlerische Arbeit soziale Medien wie Instagram. Nur dürfen diese neuen Medien nicht als Selbstzweck gesehen werden – sie sind nur Hilfsmittel und Handwerkszeug, um die Inhalte, um die es wirklich geht, besser darstellen und vermitteln zu können. Etwas hat nicht mehr Wert, nur weil es digital ist.

Wie hat sich Ihre Leidenschaft für bildende Kunst und Musik in den 25 Jahren als Lehrer verändert?

Meine Leidenschaft für Kunst und Musik ist nach wie vor ungebrochen und noch genauso stark wie am ersten Tag – ich bin damit gewissermaßen auf die Welt gekommen. Rational erklären kann ich das nicht. Viele meiner frühesten Kindheitserinnerungen drehen sich um Kunst und Musik, schon als Kleinkind haben mich Gemälde, Bilder und Musik sehr angesprochen. In der Grundschule mussten wir damals alle Blockflöte spielen, aus dem anfänglichen Zwang wurde bei mir Freude – und so habe ich dann auch noch als Grundschulkind angefangen, Gitarre zu spielen. Heute leite ich die "Schulbänd" des Hariolf-Gymnasiums. Mein ganzes Leben war immer begleitet von Kunst. Die Faszination, einfach etwas zu zeichnen, buchstäblich aus dem Nichts heraus eine eigene, neue Welt aus Fantasie zu erschaffen – und dann alles wieder wegradieren, verändern und neugestalten, diese schöpferische Tätigkeit fasziniert mich.

Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis als Künstler zur Mathematik und den Naturwissenschaften?

Als Schüler hatte ich einen großen Abstand zur Naturwissenschaft, konnte mit Mathe und Physik nichts anfangen. Mir war ziemlich fremd, was man in diesen Fächern von mir wollte. Ironischerweise war mein Vater Mathe- und Physiklehrer. Mittlerweile hat sich meine Sichtweise gewandelt und ich sehe, welche Rolle die Naturwissenschaften auch für die Kunst spielen: Jedes Bild und jedes Musikstück basiert in gewisser Weise auf mathematischen Regeln.

Wann war Ihnen bewusst, dass Sie Lehrer werden wollten? Hatten Ihre Eltern darauf einen Einfluss?

Meine Eltern haben mein Interesse an der Kunst nicht explizit gefördert, allerdings haben sie mir hier auch keine Steine in den Weg gelegt. Klar war aber, dass wir – meine vier Geschwister und ich – einen „ordentlichen Brotberuf“ lernen sollten, von dem man gut leben und eine Familie ernähren kann. Beides musste ich irgendwie in Einklang bringen. Da lag der Beruf des Kunstlehrers fast auf der Hand, zudem mir auch die Arbeit mit jungen Menschen Freude bereitete. Ich habe dann zunächst Bildende Kunst auf Lehramt in Stuttgart studiert, später noch Geschichte in Tübingen.

Und wie sind Sie dann am HG Ellwangen gelandet?

1999 begann mein Referendariat, das ich am Hölderlin-Gymnasium in Stuttgart und am Lise-Meitner-Gymnasium in Remseck am Neckar absolvierte. Meine erste Stelle als Lehrer bekam ich in Oberkochen. Aber für mich war schon immer klar, dass ich irgendwann zurück in meine Geburtsstadt Ellwangen möchte – ein wichtiger Grund dafür war, dass ich bereits damals am Schloss mein Atelier hatte. So habe ich mich nach Ellwangen beworben und bin schließlich 2004 am HG gelandet, wo es mir immer noch hervorragend gefällt. Übrigens war mein Vater auch hier Lehrer. Er kam 1975 aus Heidenheim ans HG, also genau vor 50 Jahren. Wir waren sogar einige Zeit zusammen im selben Lehrerzimmer. Außerdem war ich selbst hier ab 1982 Schüler. Zusammenfassend kann man sagen, dass es den Namen Brauchle am HG schon seit gut 50 Jahren im Haus gibt: Brauchle ist Tradition am HG!

Könnten Sie etwas mehr dazu sagen, wie Sie Ihr Künstlerdasein mit Ihrem Beruf als Lehrer vereinen?

Schon immer war mir wichtig, neben der Schule genug Zeit für das Malen und Zeichnen zu haben. Am liebsten mache ich das in meinem Atelier im Ellwanger Schloss. Ich merke auch, dass ich den Schülerinnen und Schülern das Fach Kunst deutlich besser, aktueller und auch authentischer vermitteln kann, wenn ich selbst regelmäßig praktisch künstlerisch tätig bin – Theorie und Praxis unterstützen sich dann und sind im Einklang. So fällt es mir auch leichter, bei den jungen Menschen so etwas wie Begeisterung für das Schaffen von Kunst zu wecken, eben weil ich diese Begeisterung selbst lebe. Besonders genieße ich die Exkursionen zu Ausstellungen – z.B. zur Staatsgalerie Stuttgart – mit meinen Kunstkursen.

Gibt es einen bestimmten Künstler, der Sie besonders geprägt hat?

Am tiefsten geprägt hat mich die Musik von Johann Sebastian Bach. Die Tiefe, Kraft, Power und Vielfältigkeit seiner Musik bleiben unerreicht. Wenn wir aber über die Malerei sprechen, dann könnte ich hunderte Künstler aufzählen, das würde jetzt den Rahmen sprengen. Wenn ich einen Namen nennen soll, dann z.B. Vincent van Gogh. Ich lerne aber auch immer gerne ganz neue Künstler kennen und habe meinen Finger am Puls der Zeit. Als Kurator des Kunstvereins Ellwangen suchte ich Künstler für Ausstellungen aus; das ist eine Aufgabe, die ich sehr schätzte, weil ich hier fremde Künstler von Berlin bis Südtirol einladen konnte und mit ihnen ins Gespräch gekommen bin. All das fließt in meinen Unterricht ein.

Was war bisher Ihr schönster Moment als Lehrer?

Auch hier könnte ich unzählige Momente nennen. Es geht vielleicht gar nicht immer um den einen großen Moment. Ich erfreue mich jeden Tag an vielen kleinen Momenten, ob Erlebnisse in der Schule beim Unterrichten, gelungene Pinselstriche im Atelier oder Unternehmungen mit der Familie. Gerade zu einer Zeit, in der wir jeden Tag mit negativen Zeitungsmeldungen konfrontiert werden, gilt es, auf die kleinen Glücksmomente im Alltag zu achten. Jetzt ist Frühling und draußen blühen die Blumen – an so etwas kann ich mich erfreuen, das meine ich damit. Und meiner Meinung nach gehört es auch zu meinem Beruf als Kunstlehrer dazu, auf das Schöne, das Gute und das Wahre in der Welt zu verweisen – gerade auch dort, wo es im Kleinen passiert.

Das Interview fand am 9. April 2025 in Ulrich Brauchles Kunstsaal statt. Seine Jubiläumsurkunde wurde ihm ein paar Tage zuvor, am 3. April, von Herrn Kleindienst im Rahmen einer Versammlung des Kollegiums feierlich überreicht.

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