"Menschen mit sichtbarer und nicht sichtbarer Behinderung"

In einer ersten Phase lernten zunächst die HG-Schüler:innen, welche Formen von Behinderung es gibt und wie sie zutage treten können. Daraus ergaben sich viele Fragen rund um das Thema Behinderung, die in einer ersten Kennenlernrunde gestellt werden konnten und von unseren Gästen der Konrad-Biesalski-Schule (KBS) und dem Team des Inklusionsbeirats bereitwillig beantwortet wurden. Es sind die kleinen Momente: das „Aha-Erlebnis“, das Lächeln eines Schülers, die mutige Antwort einer Person mit Gehbehinderung und die leise Anerkennung gegenüber einem Menschen im Rollstuhl, der ganz offen erzählt, dass es nicht immer einfach ist, den Alltag zu bestreiten und auf Verständnis oder gar Hilfe zu hoffen, die dieses Zusammensein so wertvoll machten.

Nach diesem ersten Kennenlernen startete die Gruppe in der zweiten Woche direkt in ein interaktives Spiel: Begleitet von Flugmotorgeräuschen, klassischen Schlafmasken und geführt von der Pilotin Leonie Rathgeb begann die Gruppe von behinderten und nicht-behinderten Menschen ihre Flugreise, die jäh durch einen Absturz und in ganz verschiedenen Verletzungen endete.

„Wir müssen einen Notruf absetzen“ lautete einstimmig die Lösung. Doch diesen Notruf konnte die Gruppe nur absetzen, wenn sie es schafft, dass alle am Flug beteiligten zum Flugzeugwrack zurückzukehren können. Da galt es zusammenzuhalten! Denn es gab auf einmal Schüler:innen mit verschiedenen körperlichen und geistigen Einschränkungen: Da konnte einer nur rückwärts laufen, eine andere verfiel bei Berührung in Panik und lag dann starr am Boden, wieder ein anderer konnte nichts hören, sehen usw.

In der Reflexion wurde deutlich: es ist gar nicht so leicht, auf irgendeine Weise eingeschränkt, sein Leben zu meistern und es braucht Menschen um uns herum, die wahrnehmen, ob jemand Hilfe braucht und bereit sind, diese auch zu leisten. Diese Sehnsucht nach erfülltem Leben für alle wurde durch die abschließenden Wünsche deutlich:

„Ich wünsche mir, dass sich alle gegenseitig akzeptieren und respektieren, .... Ich wünsche mir mehr Inklusion, das heißt, dass Menschen mit und ohne Behinderung mehr zusammen machen.“ (Matthias Kümpflein, der im Rollstuhl sitzt)

„Ich wünsche mir, dass wir uns ohne Vorurteile begegnen. Das heißt, dass wir nicht schlecht über andere denken, egal wie andere zum Beispiel aussehen, sprechen oder sich bewegen.“ (Claudia Holzinger, die nach einem Schlaganfall eine Zeit lang kognitiv und motorisch eingeschränkt war)

„Ich wünsche mir, dass wir so miteinander umgehen, dass es allen gut geht. Ich wünsche mir, dass wir nicht nur nach uns schauen, sondern auch auf die Menschen um uns herum und ihnen helfen, wenn sie etwas nicht alleine schaffen.“ (Leonie, ohne Behinderung)

„Ich würde das mal gerne ausprobieren, wie das ist, im Rollstuhl Basketball zu spielen“ (Samuel, Klasse 5)

Und wieder sind es solche praktischen Erlebnisse, die Lernen so spannend machen und die uns an einander wachsen lassen als Menschen, die miteinander, füreinander und voneinander lernen. In diesem Sinne wollen wir auch zukünftig vor Ort am HG zusammen mit der KBS Außenklasse Schulleben gestalten und eben nicht nur die Räume miteinander teilen.

Konzipiert und durchgeführt wurde dieses eindrückliche Lernen von der Arbeitsgruppe „Öffentlichkeitsarbeit“ des Inklusionsbeirats in Kooperation mit der Studentin Leonie Rathgeb, die an der PH Ludwigsburg Sonderpädagogik studiert und das Ganze auch wissenschaftlich aufarbeitet. Ihr und ihrem Team mit Matthias und Claudia gilt unser besonderer Dank. In den kommenden Wochen werden in weiteren Religionsklassen diese Workshops durchgeführt.

Ellwangen, den 27.11.2023, K. Jenne